LK Musik 13
Schriftliche Erläuterung zum Fluxusprojekt
Name: Benjamin Schütz
Wasser ist das zentrale Thema meiner Projektarbeit. Deswegen erläutere ich zunächst alle Zusammenhänge, die für meine Arbeitsaufträge relevant sind.
Wasser ist der Quell des Lebens und gilt auch als wahrscheinlicher Entstehungsort des irdischen Lebens. Es ist essenziell für jegliche Art von Lebewesen. Wasser ist in jeder Hinsicht vielseitig, deswegen begann ich mich nun auf die wichtigen Bereiche innerhalb meiner Arbeit zu konzentrieren: Bedeutung in Religionen, Auditive Wahrnehmung des Wassers und Lebend in Verbindung mit Wasser.
Diese Teilaspekte füge ich nun zu einem ganzen Werk zusammen.
In den Religionen hat Wasser häufig einen hohen Stellenwert. Oft wird die reinigende Kraft des Wassers beschworen, zum Beispiel im Islam in Form der rituellen Gebetswachung vor dem Betreten einer Moschee, oder im Hindu-Glauben beim rituellen Bad im Ganges.
Die christliche taufe wurde bis ins späte Mittelalter durch Untertauchen oder Übergießen
mit Wasser als Ganzkörpertaufe vollzogen. Im Westen heute meist nur noch durch Besprengen mit Wasser. Die Taufe bedeutet Hinwendung zu Christus und Aufnahme in die Kirche. Sie steht auch symbolisch für Sterben und Auferstehen.
Wichtig für mich ist hier die Bedeutung des Lebens und des Todes, in Verbindung mit Wasser in den Religionen. Ich will die Kraft des Lebens, die Wasser vollbringt in meinem Fluxusprojekt darstellen. In vielen Entwicklungsländern ist zu wenig oder nur verschmutztes Wasser vorhanden; alle Industrienationen zeichnen sich aber durch genügend Wasser von guter Qualität aus. Dies soll etwas in meine Arbeit mit einfließen, jedoch will ich einen missionarischen Fingerzeig nicht zum Kern meiner Idee machen.
Sehr komplex ist die Auditive Wahrnehmung von Wasser. Schon seit ich mit Michael Villmow eine „Wasserphonie“ spielte, habe ich mir Gedanken über die Auditiv Darstellung des Wassers in der Posaune gemacht. Es ist normalerweise peinlich wenn zu viel Kondenswasser in der Posaune ist und der Ton rauscht. Diesen Effekt will ich mir zu Nutze machen. Ich orientiere mich an einem slowenischen Posaunisten, namens Vinko Globokar, der in seinen Kompositionen vor allem Aleatorik und Improvisation benutzt. Es ist außerdem ein Theoretiker der Avantgarde. Ich werde versuchen eines seiner Werke Res/As/Ex/Inspirer (1973), mit in meine Arbeit einzubauen.
Dieses Stück spielt mit Variationen des französischen Verbs atmen. Dieses Werk beansprucht die körperliche Kraft des Interpreten bis zur äußersten Grenze. Vinko Globokar versucht mit diesem Stück die kontinuierliche Klangerzeugung von Streichinstrumenten auf Blechbläser zu übertragen, indem er die Analogie der Bogentechnik auf die Posaune überträgt. Dies geschieht dadurch, dass auch beim Einatmen Klang erzeugt wird. Das ganze Stück über, fünf bis zehn Minuten (die Spiellänge variiert je nach Kapazität des Musikers), spielt der Musiker ununterbrochen, wobei er zunehmend verbrauchte Luft aus dem Rohr des Blasinstrumentes einatmet. Je nach Kapazität variiert das Stück. Das Verb experir bedeutet zu Deutsch auch „Sterben“ oder „Leben aushauchen“.
Meine Arbeit wird darin bestehen, dass zunächst ein Kasten mit Wasser auf der Bühne steht, neben dem zwei Mikrophone stehen, die dazu dienen die Soundeffekte elektronisch zu verstärken. Der Interpret betritt mit Blechblasinstrument die Bühne und beginnt langsam das Instrument auseinander zu bauen. Hat er dies getan, legt er die Eintelteile in den Wasserkasten und beginnt diese zu reinigen. Dabei sollten möglichst interessante Geräusche entstehen, die an verschiedene Begegnungen mit Wasser erinnern. Danach werden die Züge ohne zu trocknen wieder in das Instrument geschoben. Dies hat den Effekt, dass beim Einatmen Wassergeräusche entstehen, die ich anfangs erwähnte. Dieses Lebend bedeutende Wasser wird nun aus dem Instrument gelassen indem es auf die Zuschauer gespritzt wird.
Diese haben vorher jedoch Regenschirme erhalten. Nach all den faszinierenden Geräuschen werden sie nun trotzdem den Regen vermeiden. Dies könnte beim Zuschauer einige Zweifel aufkommen lassen, warum er selbst dieses Wasser nicht will. Er wird wahrscheinlich daran denken, dass es dreckig sein könnte, weil es aus der Posaune kommt und Öl aufgenommen hat. So versuche ich mit den Geräuschen des Wassers genau den gegensätzlichen Denkansatz zu bewirken,
Da sie das Wasser nicht abhaben wollen, wird der Interpret das „Leben aushauchen“, indem er die von Vinko Globokar erklärte Technik anwendet. Da es normalerweise 5-10 min. dauert bis die „Puste“ ausgeht, wird der Interpret den Prozess beschleunigen, indem er bewusst weniger und schneller atmet. Wenn der Interpret um Luft kämpft, müsste aufgrund der Spieldauer auch genug Kondenswasser im Instrument vorhanden sein um hörbar zu sein.
Ist er nun an diesem Punkt angelangt, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder er trinkt aus einer Flasche Wasser, die vorher schon auf der Bühne stand, oder er rennt hastig ins Publikum und fragt dort nach Wasser. Die zweite Möglichkeit würde indes nur einen stärkeren Effekt bewirken. Man wird kaum fassen können, dass nach all dem kaum jemand Wasser zur Hand hat. Wasser bedeutet Leben und Leben bedeutet Wasser, da nahezu fast alle Exkremente von Lebewesen Wasser beinhalten. Der Speichelfluss und das draus resultierende Kondenswasser ist auch eine Möglichkeit aufzuzeigen, das Leben Wasser ist!
Atmung ist neben dem Puls das deutlichste Indiz für Leben und stellt somit einfach dar, wie dem Mensch die „Puste ausgeht“.
Ist es nicht so, dass der Mensch nach Anstrengungen meist das Wasser als Befriedigung des unendlichen Dranges sucht? Diesen Kern zu knacken liegt in der Hand des Zuschauers.
Auch hier gilt zuallererst Interpretationsfreiheit, jedoch ist die beschriebene Teilabsicht natürlich auch ein großes Ziel für den Künstler.
Die geschriebene Arbeit zielt nämlich auch nicht eindeutig und bewusst auf diese Hinnahme der Gesellschaft an.
Schlussendlich ist das Stück nach dem „Trinken“ vorbei und der Zuhörer wird sich sicherlich fragen ob das ganze nun Zufall ist, oder ob Ansicht dahinter steckt. Dass der Künstler nach Atem und Wasser ringt.
Dies ist auch ein Nebeneffekt, der meine Teilintention bekräftigen könnte. Der Interpret hat jedoch die Freiheit (bei Möglichkeit 2), das Getränk entweder an ort und Stelle zu konsumieren, oder es vorne auf der Bühne theatralisch zu tun. Dies würde einen weiteren Fingerzeig verhindern und somit eine „freiere Version“ des Stückes bewirken.
Ich versuche den Geist des Fluxus nicht nur aufzugreifen, sondern auch altes mit neuem zu kombinieren, um somit neue Zweige entstehen zu lassen.
Es ist was es ist und bietet denjenigen die Möglichkeit über Probleme nachzudenken, die ich betroffen fühlen. Da jeder Zuschauer in diesem Augenblick zusätzlich einen verschiedenen Gemütszustand hat, ist dieses Stück auch nicht in diesem Sinne wiederholbar. Auch die Ausführung ist unter den „freien Vorgaben“ auch unmöglich ein zweites mal exakt wiederzugeben.
Fluxus führt bei dieser Arbeit so oder so zur Erweiterung des Horizonts.